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Pressemitteilungen des Landesarbeitsgerichts

(LAG LSA) Kündigungsschutzverfahren in Sachen Peter L. ./. Land Sachsen-Anhalt

02.12.2010, Halle (Saale) – 4

  • Landesarbeitsgericht

Urteile des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 05. Oktober 2010 nicht rechtskräftig. Das beklagte Land hat Berufung eingelegt.

Mit am 05.10.2010 verkündeten Urteilen hat das Arbeitsgericht Magdeburg den Kündigungsschutzklagen des Lehrers L. gegen das Land Sachsen-Anhalt stattgegeben.

Dem Lehrer war von seinem Arbeitgeber vorgeworfen worden, eine Schülerin geschlagen zu haben. Die Einlassung des Pädagogen, die Schülerin habe ihn nach vorherigen Beschimpfungen auf seine erkrankte Schulter geschlagen, so dass seine Handlung sich als Abwehrreflex darstellt, hatte der Arbeitgeber im Hinblick auf den Beruf des Klägers Peter L., der eine Lösung von Disziplinproblemen durch Handgreiflichkeiten ausschließe, nicht akzeptiert.

In dem Verfahren 9 Ca 804/10 hat das Arbeitsgericht Magdeburg festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen Herrn Peter L. und dem Land Sachsen-Anhalt nicht durch die fristlose Kündigung vom 08.03.2010 aufgelöst worden ist.

Zwar habe der Lehrer durch seine Tätlichkeit gegenüber der Schülerin B. seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Eine besonders schwere Pflichtverletzung könne jedoch nicht festgestellt werden. Dabei seien die Umstände, die zu der Tätlichkeit des Klägers geführt haben, zu berücksichtigen gewesen. Die Schülerin habe nicht unwesentlich zum Ablauf der Tätlichkeit beigetragen. Die Interessenabwägung führe zu dem Ergebnis, dass nach einer Beschäftigungszeit von 24 Jahren bei dem vorliegenden Sachverhalt eine fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt ist.

Zur fristlosen Kündigung: vgl. nachstehende Hinweise

In dem Verfahren 9 Ca 2536/10 hat das Arbeitsgericht Magdeburg mit ebenfalls am 05.10.2010 verkündetem Urteil festgestellt, dass die vom beklagten Land hilfsweise ausgesprochene ordentliche (fristgerechte) Kündigung vom 27.08.2010 unwirksam ist.

Vor Ausspruch der Kündigung hätte der Kläger abgemahnt werden müssen. Der Ausspruch der vorherigen Abmahnung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Zum Abmahnungserfordernis: vgl. nachstehende Hinweise

Gegen die zwei Entscheidungen des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 05.10.2010 ist zwischenzeitlich vom Land Sachsen-Anhalt Berufung beim Landesarbeitsgericht Sachsen- Anhalt eingelegt worden. Ein Verhandlungstermin in den Berufungsverfahren steht noch nicht fest. Die Aktenzeichen der Berufungsverfahren lauten: 4 Sa 404/10 (fristlose Kündigung) und 4 Sa 403/10 (fristgerechte Kündigung).

Hinweise:

§ 626 BGB ist die einschlägige Regelung für eine fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund. Hiernach kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Dabei kennt § 626 Abs. 1 BGB keine absoluten Kündigungsgründe. Es hat stets eine umfassende Interessenabwägung zu erfolgen. Die kündigungsrechtliche Bedeutung einer Abmahnung steht im engen Zusammenhang mit dem Prognoseprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Es geht um die Verwirklichung der Vertragspflichten in der Zukunft. Wenn diese nicht mehr erwartet werden kann, erscheint eine einseitige Lösung vom Vertrag als gerechtfertigt.

Die Abmahnung dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen, die eine Kündigung rechtfertigen können.

Böger
Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts und Pressesprecher

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