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Pressemitteilungen des Oberlandesgerichts Naumburg

(OLG NMB) Bundesweiter Strafkammertag in Würzburg - Richter erarbeiten Forderungen an Politik und Gesetzgebung

28.09.2017, Naumburg (Saale) – 6

  • Oberlandesgericht

 

 

Gemeinsame

Pressemitteilung

 

der Mitglieder der

Arbeitsgruppe ?Zukunft des Strafprozesses?

 

(Präsidentinnen und

Präsidenten des Kammergerichts und der Oberlandesgerichte Brandenburg,

Braunschweig, Köln, Oldenburg, Schleswig, Stuttgart und Bamberg)

 

 

 

 

 

Fast

80 Vorsitzende von Strafkammern und Strafsenaten, hochkarätige Praktikerinnen

und Praktiker des Strafrechts aus dem gesamten Bundesgebiet, haben unter dem

Motto

 

 

 

?Gerechter Strafprozess braucht gute

Gesetze?

 

 

 

auf

dem zweiten bundesweiten Strafkammertag am 26. September 2017 in Würzburg unter

Einbringung ihrer umfassenden Erfahrung und strafrechtlichen Kompetenz zu

Beginn der neuen Legislaturperiode des Bundestages Gesetzgebungsvorschläge aus

Sicht der gerichtlichen Praxis erarbeitet.

 

 

 

Die

Arbeitsgruppe ?Zukunft des Strafprozesses? der Präsidentinnen und Präsidenten

des Bundesgerichtshofs, der Oberlandesgerichte und des Kammergerichts unter

Leitung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg Clemens Lückemann und

die Teilnehmer des Strafkammertages appellieren an die Politik, in den

anstehenden Koalitionsverhandlungen eine weitere Verbesserung des deutschen

Strafprozesses zu vereinbaren.

 

 

 

Lückemann:

?Die deutsche Strafjustiz erhofft sich ein Signal von der Politik durch die Aufnahme

etwa folgender Vereinbarung in einen abzuschließenden Koalitionsvertrag:

 

 

 

Wir werden das Strafverfahren weiter

praxisgerecht verbessern und die Wahrheitsfindung im Strafprozess erleichtern.?

 

 

 

Die

deutsche Strafjustiz sieht sich großen Herausforderungen gegenüber. Sie hat die

Aufgabe, Straftaten umfassend aufzuklären und schnellstmöglich Urteile auf

sicherer Tatsachengrundlage zu sprechen. Nur gute Gesetze garantieren zügige

und faire Strafprozesse und entsprechen den berechtigten Erwartungen der

Bürgerinnen und Bürger an eine wirksame Strafrechtspflege, die der Rechtsstaat

der rechtstreuen Bevölkerung schuldet.

 

In

diesem Sinne haben die Teilnehmer des zweiten bundesweiten Strafkammertages in

sechs Arbeitsgruppen folgende zwölf konkretisierende Kernvorschläge an die

Politik erarbeitet, die im Plenum jeweils verabschiedet wurden:

 

 

 

Nach Befangenheitsanträgen ? vor und während der

Hauptverhandlung ? soll die Hauptverhandlung bis zum übernächsten Verhandlungstag,

mindestens aber für zwei Wochen fortgesetzt werden können.  Entscheidung über Besetzungsrügen im Rahmen eines

Beschwerdeverfahrens, wobei die sofortige Beschwerde keine aufschiebende

Wirkung entfaltet und die vom Beschwerdegericht getroffene Entscheidung für das

Revisionsverfahren bindend ist.Unterbindung von ?ins Blaue hinein? gestellten Beweisanträgen

durch erhöhte gesetzliche Anforderung an deren Begründung.Erweiterte Verlesbarkeit von Urkunden in Fällenvon Zeugenfragebögen/Strafanzeigen in gleichgelagerten Masseverfahrenvon Berichten der Jugendgerichtshilfe und der BewährungshilfeRevisionen sollen nur noch dann zulässig sein, wenn sie durch

einen Verteidiger begründet werden, der die Sachrüge in gleicher Weise wie die

Verfahrensrüge auszuführen hat. Die Revision gegen Entscheidungen der kleinen

Strafkammer bedarf zusätzlich der Zulassung; die Sprungrevision wird

abgeschafft.  Das Verschlechterungsverbot bei Widerruf eines Geständnisses

nach erfolgter Verständigung entfällt.Sofern mehrere Nebenkläger gleichgelagerte Interessen im

Strafverfahren verfolgen, soll ihnen derselbe Rechtsbeistand bestellt werden.

Dies ist in den Fällen des § 395 II Nr. 1 StPO in der Regel anzunehmen. Die

Rechte aus §§ 68b und 406f StPO bleiben unberührt.Die Tatsachenfeststellungen und der Schuldspruch im

Strafverfahren sollen eine Bindungswirkung in nachfolgenden Zivilverfahren

entfalten.Wir fordern die Formulierung eines Anspruchs auf und eine

Pflicht zur aufgabenorientierten Fortbildung (zeitnah, ortsnah, kompakt, nacharbeitsfrei)

unter Berücksichtigung bei der Personalausstattung und tätigkeitsbegleitende

Unterstützung durch Maßnahmen wie Coaching/Supervision gezielt für

Strafrichter.Wir fordern zur Entlastung der Strafkammern und

Professionalisierung der Pressearbeit eine gesetzliche Regelung, die

gewährleistet, dass die Tätigkeit durch erfahrene, entsprechend geschulte und

ausreichend freigestellte Mitarbeiter ausgeübt werden kann.Gerechter Strafprozess braucht gute Gesetze und zuverlässige

technische Grundlagen. Die Verantwortlichen in Bund und Ländern werden

aufgefordert, für die elektronische Akte im Strafprozess einheitliche Standards

zu schaffen und einen reibungslosen Datenaustausch zwischen sämtlichen

beteiligten Stellen zu gewährleisten.Zur Wahrung der Rechte aller

Verfahrensbeteiligten auf informationelle Selbstbestimmung sollte in Abänderung

der neu gefassten Regelungen Einsicht in die eAkte nur durch Rechtsanwälte oder

im Gericht erfolgen. Der missbräuchliche Umgang mit den Daten muss verhindert

werden.Die Möglichkeiten der eAkte zur Konzentration der

Hauptverhandlung sollen umfassend geprüft werden, zum Beispiel für das

Selbstleseverfahren und für die (Selbst-) Augenscheinseinnahme auch durch die Öffentlichkeit. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Anliegen der strafrechtlichen Praxis

werden den Parteivorsitzenden der maßgeblichen Parteien sowie deren

Fraktionsvorsitzenden und Rechtspolitikern kommuniziert. Verbunden wird dies

mit der Bitte, diese Forderungen, soweit sie sich an den Bundesgesetzgeber

richten, in der neuen Legislaturperiode zu berücksichtigen. Den zweiten Strafkammertag

in Würzburg haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe ?Zukunft des Strafprozesses?

- die Präsidentinnen und die Präsidenten des Kammergerichts und der

Oberlandesgerichte Bamberg, Brandenburg, Braunschweig, Köln, Oldenburg,

Schleswig und Stuttgart - organisiert und gestaltet. Grußworte in Würzburg

sprachen die Präsidentin des Bundesgerichtshofs Bettina Limperg und der

Amtschef im Bayerischen Staatsministerium der Justiz Prof. Dr. Frank    Arloth. Den Einleitungsvortrag hielt die

Abteilungsleiterin Rechtspflege des Bundesministerium der Justiz und für

Verbraucherschutz, Ministerialdirektorin Marie Luise Graf-Schlicker.

 

 

 

Auftakt der Veranstaltung war am 25.

September 2017 ein Staatsempfang, gegeben vom Bayerischen Staatsminister der

Justiz Prof. Dr. Winfried Bausback für die Bayerische Staatsregierung, mit über

150 Gästen aus Rechtspflege, Politik und Verwaltung.

 

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