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Pressemitteilungen des Landesarbeitsgerichts

(LAG LSA) Arbeitsgericht Magdeburg weist die Anträge auf Ersetzung der Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden und dessen Ausschluss aus dem Betriebsrat der WEA Service Ost GmbH zurück WEA Service Ost GmbH unterliegt im Rechtsstreit mit dem Betriebsrat und dem Betriebsratsvorsitzenden

11.02.2015, Halle (Saale) – 2

  • Landesarbeitsgericht

Arbeitsgericht Magdeburg - Beschluss vom 11.02.2015 (Az. 7 BV 67/14)

Die Antragstellerin ist ein im Bereich des Aufbaus, der Wartung, des Störungsdienstes und der Instandsetzung von Windenergieanlagen tätiges Unternehmen mit Sitz in Magdeburg. Antragsgegner ist der im Betrieb gewählte Betriebsrat, deren Vorsitzender der Beteiligte zu 3. ist.

Unter den Beschäftigten befindet sich auch eine größere Anzahl von Leiharbeitnehmern.

Mit Schreiben vom 21.05.2014 warf die Antragstellerin dem Betriebsratsvorsitzenden vor, gegen seine Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz als Betriebsratsmitglied verstoßen zu haben, indem er sich ohne Absprache mit der Antragstellerin telefonisch an einen Personaldienstleister gewandt und geltend gemacht habe, dass es arbeitsrechtlich nicht richtig sei, Zeiten einer Schulungsmaßnahme für Leiharbeitnehmer nicht zu vergüten. Zugleich wurde der Betriebsratsvorsitzende darauf hingewiesen, dass das Unternehmen sich für den Fall einer weiteren vergleichbaren Pflichtverletzung vorbehalte, einen Antrag auf Ausschluss des Vorsitzenden aus dem Betriebsrat zu stellen.

Dies machte der Vorsitzende des Betriebsrates zum Gegenstand einer an sämtliche Mitarbeiter der Antragstellerin gerichteten E-Mail vom 28.05.2014, die er unter das Thema stellte: "Der Betriebsratsvorsitzende verabschiedet die Kolleginnen und Kollegen ins lange Wochenende mit einem kleinen Märchen".

Nach der Erklärung der Beendigung der Vertragsbeziehungen durch den Personaldienstleister beantragte die Antragstellerin die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden bei dem Betriebsrat. Der Betriebsrat erteilte die Zustimmung nicht.

In dem anhängigen Beschlussverfahren begehrt die Antragstellerin die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung, hilfsweise die Ausschließung des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat sowie weiter- und höchsthilfsweise die Feststellung von einzelnen Pflichtverletzungen des Betriebsratsvorsitzenden durch das angerufene Arbeitsgericht Magdeburg.
Sie macht geltend, der Betriebsratsvorsitzende habe gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten sowie gegen die ihn als Betriebsratsmitglied treffenden gesetzlichen Pflichten verstoßen. In der E-Mail habe er sich diffamierend und geschäftsschädigend sowohl in Bezug auf die Antragstellerin als auch den vertraglich verbundenen Personaldienstleister geäußert. Er habe ferner seine Kompetenzen als Betriebsratsmitglied überschritten. Dies habe sowohl zu einer Störung des Betriebsfriedens als auch zur Kündigung des Personaldienstleistungsvertrages geführt.

Der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende meinen, ein Pflichtverstoß liege nicht vor. Die Äußerungen in der E-Mail hielten sich im Rahmen der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG. Außerdem habe die Antragstellerin die zweiwöchige Ausschlussfrist zur Einreichung des Antrages in entsprechender Anwendung von § 626 Abs. 2 BGB versäumt. Eine Kompetenzüberschreitung liege im Hinblick auf die Leiharbeitnehmer nicht vor.

Die am 19.09.2014 durchgeführte Anhörung der Beteiligten zum Zwecke der gütlichen Einigung blieb erfolglos.

Am 21.01.2015 fand, nachdem den Beteiligten Gelegenheit gegeben war, sich schriftsätzlich zu äußern, der Kammertermin statt. Termin zur Verkündung einer Entscheidung war auf Mittwoch, den 11.02.2015, bestimmt worden.

Das Arbeitsgericht Magdeburg hat die Anträge heute zurückgewiesen.

Die außerordentliche Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats bedürfe der vorherigen Zustimmung des Betriebsrats. Verweigere der Betriebsrat die Zustimmung und halte der Arbeitgeber an seiner Kündigungsabsicht fest, müsse er beim Arbeitsgericht die Ersetzung der Zustimmung beantragen. Der Antrag auf Ersetzung einer vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds müsse ebenfalls - wie die außerordentliche Kündigung selbst - binnen 2 Wochen nach Erlangung der Kenntnis der für die beabsichtigte Kündigung maßgeblichen Tatsachen erfolgen. Der Inhalt der E-Mail sei der Beteiligten zu 1. allerspätestens am 04.06.2014 bekannt gewesen. Der am 25.06.2014 beim Arbeitsgericht eingegangene Antrag habe daher die Frist nicht wahren können.
Nicht maßgeblich sei der Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Schreibens des Personaldienstleisters über die Beendigung der Vertragsbeziehungen mit der Beteiligten zu 1. gewesen. Auch der Antrag auf Ausschließung des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat wurde zurückgewiesen.

Das Arbeitsgericht vermochte grobe Verstöße gegen betriebsverfassungsrechtliche Pflichten nicht festzustellen. Die vom Arbeitgeber beanstandeten Äußerungen in der E-Mail unterfielen dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG. Die durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungsäußerungen vermögen einen Ausschließungsantrag nicht zu begründen.
Die im Termin zur Anhörung der Beteiligten vor der Kammer von dem Arbeitgeber gestellten weiteren Hilfsanträge hat das Arbeitsgericht als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Magdeburg kann der unterlegene Arbeitgeber das Rechtsmittel der Beschwerde zum Landesarbeitsgericht einlegen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Magdeburg vom 11.02.2015 ist daher noch nicht rechtskräftig.

Böger
Vizepräsident des Landesarbeitsgerichts und Pressesprecher

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